Powerfrauen für die IT

IT-Branche sucht verstärkt weibliche Fachkräfte Noch sind Frauen in der Informatik hierzulande stark unterrepräsentiert. Aber der Wandel kommt in Gang. Informatikerinnen rücken vor – auch in Führungspositionen. Und das ist gut so.

Im Schatten der weltweiten Wirtschaftskrise rückt der IT-Fachkräftemangel in der öffentlichen Diskussion in den Hintergrund. Zu Unrecht, denn das Strukturproblem bleibt bestehen und gewinnt infolge der demografischen Entwicklung sogar an Brisanz. Da wirkt es wie ein Anachronismus, dass ein enormer Teil des Fachkräftepotenzials bislang kaum ausgeschöpft wird. Frauen sind in der ITBranche stark unterrepräsentiert. „Das liegt vor allem daran, dass Frauen zu wenig über die IT wissen“, glaubt Henriette Baumann, Geschäftsführerin des international agierenden IT-Beratungsunternehmens integratio mit Sitz in Zürich und Böblingen. „Vielen ist nicht klar, wie kommunikativ und kreativ ein IT-Job sein kann“, so die Business-Software-Expertin. Um diesem Manko zu begegnen, haben sich einige schlagkräftige Initiativen formiert.

 

Um kompetente Frauen werben

In Deutschland haben Wirtschaft, Wissenschaft und Politik im Juni 2008 einen nationalen Pakt geschlossen. Unter dem Motto „Komm, mach MINT“ wollen sie das Bild der von Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) geprägten Berufe verändern und mehr junge Frauen für entsprechende Jobs gewinnen. Zu den Projekten aus Baden-Württemberg, die sich in die Initiative einreihen, zählen etwa die Sommerhochschule „informatica feminale“ oder das Programm „Schülerinnen forschen“. Auf europäischer Ebene setzen sich die Unterzeichner des „European Code of Best Practices for Women and ICT“ dafür ein, mehr Frauen in Jobs der Informations- und Kommunikationstechnologie zu bringen. Nicht nur der Fachkräftemangel veranlasst Unternehmen, um Frauen zu werben. „Man weiß heute: Ein Großteil der Probleme in komplexen IT-Projekten sind keine technischen Probleme, es sind Kommunikationsprobleme“, berichtet Henriette Baumann. Und die Erfahrung haben viele IT-Chefs gelehrt, dass es sich lohne, die sozialen und kommunikativen Fähigkeiten von Frauen einzubeziehen. Auch seien Frauen oft gefragt, wenn es darum ginge, eine Brücke von der technischen Programmierung in die Anwendung zu schlagen. „Es wäre ein Fehler, Männer als Kommunikationsautisten und Einzelkämpfer abzustempeln und Frauen die Konfliktlöserrolle zuzuweisen“, sagt Tanja Fury, Expertin für Kommunikation und Coaching. Aber klar sei, „dass sich Menschen mit unterschiedlichen Stärken in Teams gut ergänzen und daher Projekte gemeinsam besser vorantreiben können.“

 

Faszination Technik

Henriette Baumann musste von niemandem für Naturwissenschaften begeistert werden. „Ich habe schon mit sechs Jahren gerechnet wie der Teufel und mit 17 nächtelang programmiert“, erzählt die studierte Betriebswirtin und Informatikerin. Als Geschäftsführerin ihres eigenen Unternehmens berät sie heute internationaleKonzerne bei der Konzeption und Umsetzung von Business-Software-Projekten. Auch die Karlsruher Studentin Britta Mangei hat sich schon als Teenager für Computer interessiert – gespielt, Homepages gebastelt, kleine Programme geschrieben. Nach ihrem Bachelorstudium in Wirtschaftsinformatik an der Hochschule Karlsruhe und eineinhalb Jahren Berufstätigkeit setzt sie nun den Master obendrauf. Gefördert durch ein Karl-Steinbuch-Stipendium, hat sie gemeinsam mit zwei Studienkollegen ein GPS-basiertes System zur Koordination von Einsatzgruppen entwickelt. „Es war interessant, zu sehen, wie es ist, ein solches Projekt umzusetzen“, schildert die 28-jährige Informatikerin. Welchen Weg wird sie einschlagen, wenn sie in einigen Monaten ihren Informatikmaster in der Tasche hat? Britta Mangei ist sich sicher: „Ich will als Entwicklerin arbeiten. Das ist mein Ding.“

Anders als Henriette Baumann oder Britta Mangei finden viele Mädchen nicht von allein den Zugang zur IT. Wie kann man ihre Neugier wecken? „An dem Bild, das sich Jugendliche von einem Beruf machen, wirkt die ganze Familie, ja die ganze Gesellschaft mit. Daher müssen wir auch die ganze Gesellschaft für das Thema sensibilisieren“, erklärt Prof. Dr. Dr. Jivka Ovtcharova  von der Uni Karlsruhe. „Es genügt aber nicht, globalgalaktisch darüber zu reden“, scherzt Ovtcharova, „wir müssen etwas tun.“ In den 80er-Jahren hat die gebürtige Bulgarin in Moskau Maschinenbau studiert, später in Sofia und Darmstadt in Maschinenbau und Informatik promoviert. Seit 2003 lehrt sie an der Uni Karlsruhe IT für Maschinenbauer. Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) leitet die gefragte Expertin für Virtual Engineering das 2008 gegründete Lifecycle Engineering Solutions Center (LESC). Ovtcharova sagt: „Wir brauchen fachlich ausgerichtete Pilotprojekte, durch die auch für kleine Mädchen erlebbar wird, wie Informatik heute konkret aussieht – im Wirtschaftsingenieurwesen, in der Medizin, im Maschinenbau, in den Medien. Dann können wir sie für das Fach begeistern.“ Ein gutes Beispiel dafür ist der Cyberclassroom, den Ovtcharova gemeinsam mit dem Stuttgarter Unternehmen Visenso am LESC eingerichtet hat. „Durch die interaktive 3-D-Visualisierung im Cyberclassroom können wir nicht nur komplexe Geometrien, Moleküle oder Prozesse anschaulich darstellen, sondern auch die Faszination für IT wecken“, freut sich Ovtcharova.

 

Den gesamten Artikel „Powerfrauen für die IT" finden Sie auf Seite 8/9, das vollständige Heft können Sie unter folgendem Link herunterladen: http://www.doit-online.de/ADMIN/ASSETS/files/doIT-magazinNov-Web.pdf